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Predigt im Tanzgottesdienst 
Elisabethkirche Marburg am 30.09.17

 

 

„Wisst ihr nicht, dass euer Körper ein Tempel der Heiligen Geistkraft ist, die in euch wohnt und die ihr von Gott erhalten habt? … Darum lobt Gott mit eurem Körper“ 1. Kor.6,19

Wie geht das – Gott mit dem Körper loben?
Es beginnt vielleicht damit, dass ich spüre: Ich bin Körper. Wunderbar geschaffen. Ich schenke meinem Körper Beachtung. Höre auf seine Stimme. Mindestens einmal am Tag dieses Wunder genussvoll erkunden: Hände, die sich filigran bewegen, die kraftvoll zupacken und zärtlich streicheln können. Füße, die mich tragen. Laufen, gehen, tanzen, springen.
Ein Becken voller Lebenskraft und Vitalität.  Der Atem, der durch mich fließt und jede Zelle neu belebt. Geschenk Gottes, dessen heiliger Atem in uns wohnt.
Unser Körper – ein Tempel des Heiligen Geistes.

 

Auch wenn das in unseren Kirchen oft nicht zum Ausdruck kommt: Im christlichen Glauben geht es zuinnerst um Verkörperung. „Das Wort ward Fleisch“ hören wir an Weihnachten. Gott ist Mensch geworden, Körper. Leib für uns gegeben.

Unser Körper ist keine lästige Hülle. Er hat geistliche Qualität. Glaube hat seinen Ort nicht nur im Kopf. Mein ganzer  Leib ist Erfahrungsraum des Heiligen. Mein Körper hat viele Möglichkeiten, zu spüren und auszudrücken, was mich berührt, was mich bewegt, was mich beflügelt. Nicht nur Worte. Bewegung und Tanz sind Verkörperung des Glaubens.

So wie diese Kirche durchdrungen ist von Gottes Anwesenheit, hat Gottes Geist ein Zuhause in meinem Körper. Diese Kraft weht und bringt mich auf den Weg. (wie die Tänzerinnen und Tänzer eben) Sie führt mich in die Stille und in die Gemeinschaft mit anderen.

 

Als wir diesen Gottesdienst vorbereitet haben, dachten wir zuerst daran, dass ein Solotänzer die Predigt tanzt. Schön anzuschauen, im Ausdruck, in der Präsenz. Aber wir haben schnell gemerkt: Nein! Genau das ist es nicht, was Paulus meint, wenn er schreibt: Euer Körper ist ein Tempel der Heiligen Geistkraft.
Das sind nicht einige wenige Ausgewählte. Jede und jeder von uns, jeder Körper – ob jung oder alt, Mann oder Frau, dick oder dünn, beweglich oder gebrechlich - wir alle sind der Ort, an dem Gott wohnt. Tempel sein heißt nicht, perfekt sein. Wunderbar gemacht bedeutet nicht unversehrt sein. Vielleicht ist es gerade unsere Verletzlichkeit, die uns transparent, durchlässig und empfänglich macht für das Heilige. Zeiten, in denen der Körper uns zwingt, ganz bei ihm zu sein. Wenn wir spüren: „Mit unsrer Kraft ist nichts getan“ und uns ausrichten auf jene Kraft, die in den Schwachen mächtig ist.  Paulus sagt: Sie ist da! Ihr habt sie von Gott erhalten. Sie ist in euch. Darum lobt Gott mit eurem Körper.

Lobt Gott mit euren flinken Füßen und eurem beweglichen Becken. Lobt Gott mit eurer schmerzenden Schulter und mit eurem hinkenden Bein. Lobt Gott mit weiten Sprüngen und in verhaltenen Gesten.  Lobt Gott aufrecht mit lauter Stimme. Lobt ihn gebückt mit leisem Seufzen. Denn euer Körper ist ein Tempel der Heiligen Geistkraft, die in euch wohnt.

Amen

 

Andrea Wöllenstein